PurzelDie kleine Sophie, die im Kuhstall des Vereinssitzs Greinöd lebt, ist so scheu und wild, daß sie als Einzige nicht gefangen werden konnte, um sterilisiert zu werden. Immer saßen die anderen, bereits sterilisierten Katzen in der Falle, monatelang, bis wir aufgaben. In diesem Frühjahr wurde sie mit 12 Jahren zum ersten mal richtig rollig. Nun hat sie sich wieder beruhigt - aber nicht ohne vorher noch einen Verehrer anzulocken, der ihr draußen vorm Gehege nachts sein Ständchen darbrachte. Er unterhielt sich auch mit mir, zwinkerte vertraulich, hielt aber Abstand. Dann ein Anruf vom Nachbarn: "Ist Ihnen eine Katze entlaufen? Ich habe hier einen schwarzweißen Kater, am Auge verletzt, aber sehr lieb. - Ich fahre ihn dann morgen ins Tierheim." Am nächsten Abend war er wieder da, er war beim Umladen entwischt, abgesehen davon, daß das Tierheim wegen Überfüllung Aufnahmestop hat. Ich besorgte nun eine Falle, die am Freitagabend, dem 19. 03., kam, aber erst am Montag gespannt werden sollte, dem Termin für die Kastration und Behandlung. Samstag morgen um 6:00 saß der Kater in der nicht gespannten, nicht mit Köder versehenen Falle. Er muß sehr hart gearbeitet haben, um da hinein zu kommen. Da er nun schon mal gefangen und nüchtern war, rief ich den Tierarzt an, und um 10:00 war der Kater unterm Messer, wurde entmannt, entwurmt, entmilbt. Er wachte in der Milchküche auf, die schon Maurice und Maxim, zuvor dem Däumeling und zahllosen anderen Tieren als erstes Zuhause gedient hat. Nachdem die Narkose abgeklungen war, erwies er sich als schüchtern, aber unglaublich verschmust. Er frißt nicht besonders viel, aber er schlingt wie ein hungriger Hund, muß also Hunger gekannt haben. Der Tierarzt schätzt ihn auf 6-7 Jahre, obwohl er ein perlweißes Gebiß hat. Er ist ein starker Kater mit einem dicken Katerkopf, Beinen wie kleine Säulen, der aber von seiner Stärke nichts weiß. Und er ist auf dem rechten Auge fast blind, vermutlich durch eine nicht behandelte Verletzung. Ich habe ihn Purzel getauft, Zuname: Harmlos. Da die Rolle seiner Angebeteten nun vorüber war, habe ich ihn am Montag in den Kuhstall getragen. Obwohl er angstvoll jammerte, als er aus der Milchküche sollte, mochte ich ihn, den langjährigen Freigänger, dort nicht länger als 2 Tage einsperren. Im Kuhstall angekommen, eilte er geschäftig von Katze zu Katze und verteilte Nasenküsse: "Gestatten, Purzel Harmlos, ich bin der Neue." Seitdem thront er, mit seiner Angebeteten in platonischer Liebe vereint, am liebsten auf einem Heuballen im Stall,am Ausgang zum Gehege, auf den die Sonne scheint. Und strahlt glücklich über sein ganzes liebes kleines dickes Purzelgesicht: "Ich habe jetzt ein Zuhause."
Von Anfang an stand fest, daß Purzel, sollte er das entsprechende Zuhause finden, uns verlassen würde, denn der Vereinssitz Greinöd ist der Altersruhesitz der hinterbliebenen Tiere der Tierfotografen Gorski und hat keine Aufnahmekapazitäten, nur vorübergehend kann einigen wenigen Tieren auf dem Weg zum dauerhaften Glück geholfen werden. Zudem wurde offensichtlich, daß Purzels Anwesenheit für einige der Senioren zunehmend Stress bedeutete, insbesondere für den sehr scheuen 13jährigen Schildpattkater Adam, den ich noch nie fotografieren konnte. Nur hatte ich große Zweifel, daß sich jemand für einen sehbehinderten, nicht mehr jungen Straßenkater begeistern würde, für dessen Stubenreinheit ich meine Hand nicht ins Feuer legen konnte … Doch Purzels 2. Lebenshälfte scheint unter einem sehr glücklichen Stern zu stehen: Der wunderschöne Alte Hof im Bayerischen Wald, www.alter-hof-bayern.de , nahe dem Nationalpark gelegen, ist Ferienparadies vieler Erholungssuchender und ganzjährig das Paradies für eine Unzahl von Tieren, Pferden, Hunden, Enten, Gänsen, Hühnern, Meerschweinchen und Kaninchen, viele vorm Schlachten und anderem Leid gerettet. Nur Katzen fehlten, denn die letzte Katzengeneration hatte das Zeitliche gesegnet, sehr zum Bedauern besonders der kleinen Feriengäste. Dort war man auf Purzel's Geschichte aufmerksam geworden und wollte ihn adoptieren. Natürlich sollte der gesellige Purzel auch eine Freundin bekommen. Der 20. April war der große Tag. Zuerst fuhren wir ins hiesige Tierheim, um für Purzel eine Freundin zu finden. Es wurden zwei, die scheue, offenbar traumatisierte schwarze Momo und und ihre junge rotgetigerte Tochter Juno, die sich sofort mit Purzel anfreundete. Zur Eingewöhnung wurden die drei in den rundum verglasten, 80 m^2 großen Wintergarten einquartiert, von wo sie ihre gesamte Umgebung in Augenschein nehmen konnten. Purzel benahm sich sofort, als hätte er zeitlebens in den besten Verhältnissen gelebt. Er suchte das Katzenklo auf mit der größten Selbstverständlichkeit und strafte alle meine vorher geäußerten Bedenken hinsichtlich seiner Sauberkeit Lügen. Nur wenige Tage später wurde der Alte Hof um eine weitere Katze bereichert: Der kleine Wackel, ein junger Kater mit motorischen Störungen, ansonsten aber äuüerst lebenslustig, aus demselben Tierheim wie Momo und Juno, war, bereits reserviert, von seinen Adoptanten versetzt worden, und nun fragte das Tierheim beim Alten Hof nach, ob denn nicht vielleicht auch für Wackel dort ein Plätzchen vorhanden wäre. Wieder schwitzte ich Blut und Wasser: Wie würde sich Purzel, der hier angesichts der Greinöder Kater durchaus sein neues Revier markiert hatte, Wackel gegenüber verhalten? Würde er erkennen, daß der kleine behinderte Kater keine Konkurrenz war? Meine Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet: Purzel verhielt sich mustergültig und nahm den Jüngling unter seine Fittiche. Er genießt sein Leben als Hahn im Korb, putzt alle drei Gefährten gleichermaßen und hält überhaupt sehr auf Sauberkeit. In der Zwischenzeit habe ich ihn natürlich besucht und ein paar Fotos gemacht.
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